Stahlsaitengitarren
Musik machen – natürlich ohne perfekt zu sein 🙂 – gehört zu meinem Leben, zu meinem Alltag und zu meiner kreativen Entfaltung einfach dazu.
In der ersten Reihe steht meine Nylon-Gitarre, ein Crossover-Modell, nach dem ich lange gesucht habe und deren Klang und Haptik mich nach Jahren immer noch so anspricht, dass ich jedes Mal, wenn ich sie in Spielhaltung an den Körper schmiege, mich einfach in dieser Zweisamkeit wohl fühle…
Meine Khaya wird in absehbarer Zeit Gesellschaft bekommen – eine Steelstring soll das klangliche Repertoire erweitern. Ganz ehrlich: ich war völlig überfordert von den verschiedenen Formen dieser Gitarrenart. Daher habe ich ein paar Informationen zusammengetragen, die vielleicht für den ein oder anderen Leser auch interessant sind. Es sind rein sachliche Aspekte, die ein wenig Licht in den Dschungel der Stahlsaitengitarren bringen sollen.
Viel Spaß beim Lesen!
1. Wie heißt das Teil denn nun wirklich?
Was denn nun: Westerngitarre? Stahlsaitengitarre? Steelstring? Folkgitarre?
Schon die Begrifflichkeit macht einen unbedarften Musikliebhaber wirr… Gibt es Unterschiede zwischen diesen vier Gitarrenbezeichnungen? Nach meinen Recherchen: nein.
Ich persönlich mag die Begriffe „Western-„ und „Folkgitarre“ als Oberbegriff nicht sehr, da sie in meinen Augen bereits eine bestimmte Musikrichtung festlegen. Daher werde ich im Folgenden den allgemeineren Begriff „Stahlsaitengitarre“ oder englisch (etwas kürzer
) „Steelstring“ verwenden.2. Woran erkennt man denn nun eine Steelstring, was ist das Typische daran?
Wie der Name schon sagt, ist diese Gitarrenart mit Stahlsaiten bespannt (Saiten). In den 20er Jahren wurden die Darmsaiten durch Stahlsaiten ersetzt. Näheres dazu siehe unten (Dreadnought).
Stahlsaiten haben eine wesentlich höhere Zugkraft, daher musste auch die Konstruktion der Gitarre in zwei wesentlichen Bauteilen verändert werden: Das Balkensystem der Decke (Bracing) wurde verstärkt, jedoch so, dass die Decke nach wie vor noch schwingen konnte. Das X-Bracing entstand.
Weiterhin musste aufgrund der Zugkräfte der Hals stabilisiert werden. Dies gelang durch Einarbeitung eines Stahlstabs (Halsspannstab, Truss Rod), der den Hals verstärkt und über den die Halskrümmung eingestellt werden kann.
Den Korpusansatz findet man am 14., anstelle des 12. Bundes (ab 1929).
Das Griffbrett ist schmaler, i. d. R. 43 – 46 mm und meist gewölbt.
Unterhalb des Schalllochs befindet sich häufig ein Schlagschutz (Pickguard).
Stahlsaitengitarren sind oft mit elektronischen Tonabnehmersystemen ausgerüstet.
3. Welche grundsätzlichen Formen/Bauarten gibt es und wann entstanden sie?
Generell teilt man Steelstrings in zwei große Gruppen ein (für alle Modelle gilt, dass sie vor den 1922 mit Darmsaiten bespannt waren):
a) Archtops
b) Flattops
zu a) Archtops
Archtop-Gitarren sind namengebend dadurch gekennzeichnet, dass ihre Decke gewölbt ist.
Der Prototyp L-5 wurde 1894 von Orville Gibson entwickelt. Sein Traum war eine Gitarre, die sich ganz und gar am Vorbild klassischer Streichinstrumente orientieren sollte. Die L-5, die in Zusammenarbeit mit Stargitarrist Eddie Lang entstand, war die erste Gitarre, die eine ernstzunehmende Klangrolle in einem Orchester übernehmen konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Tenor-Banjo das tragende Rhythmusinstrument.
Daraus ist zu ersehen, dass Archtops ursprünglich als reine Akustikgitarren entworfen wurden. In den 1960er Jahren verlangte die Musikszene jedoch nach immer größerer Lautstärke, was sich natürlich auch in der Entwicklung der Instrumente bemerkbar machte (siehe unten). Auf der Grundlage der Archtop-Gitarren wurden in diesem Zeitraum die Jazzgitarren entwickelt (siehe unten) und seitdem gibt es nur noch selten vollakustische Archtops.
zu b) Flattops
Flattop-Gitarren zeichnen sich hingegen durch eine flache Deckenkonstruktion aus und ist die heute meist übliche Bauart unserer Gitarren. Am häufigsten werden die folgenden acht Bauformen verwendet:
Dreadnought, Jumbo, Mini-Jumbo, Concert, Grand Concert, (Grand) Auditorium, Orchestra, Parlor.
b.1) Dreadnought:
Aussprache lt. Duden: [ˈdrɛdnɔːt]
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts herrschten die verschiedenen Bauformen der klassischen Gitarre vor. Sie zeichneten sich durch einen relativ kleinen Korpus und durch die Bespannung mit Darmsaiten aus. Dadurch bedingt war ihr Klang wenig durchsetzungsfähig, vor allem im Zusammenspiel mit anderen, kräftigeren Instrumenten. Weiterhin waren Darmsaiten sehr kostspielig.
Frank Henry Martin und Harry Hunt entwickelten daher eine Gitarre, die sich durch einen großen Korpus bzw. einem großen Klangkörper auszeichnete und bespannten sie mit (preiswerteren) Stahlsaiten. Durch die hohen Zugkräfte der Saiten musste die Gitarrenkonstruktion angepasst werden. Dies gelang Martin durch die Entwicklung des X-Brace-System in der Deckenverbalkung. Die heute übliche Halsstange (Truss Rod) wurde erst 1921 vom Gibson-Angestellten Ted McHugh erfunden und ab den 30er Jahren serienreif eingesetzt, Martin wirkte den Zugkräften dadurch entgegen, dass er den Hals entsprechend dick konstruierte.
Die erste Dreadnought, Typenbezeichnung „D“, war geboren – im Jahr 1916.
Die „Dreadnought“ war ein britisches Schlachtschiff, das seinerzeit größte der Welt. Martins Gitarre war ebenfalls die damals größte (spielbare) der Welt, daher die Namenswahl. Übersetzt heißt Dreadnought übrigens „Fürchtenichts“ 🙂
Die Martin-Dreadnought hatte flach abfallende Schultern, die Gibson-Dreadnought setzte dabei auf runde Schultern. Generell ist eine Dreadnought wenig tailliert, daher sitzt sie beim Musizieren recht hoch auf dem Bein. Der große Korpus erzeugt satte druckvolle Frequenzen im Bassbereich und sorgt im Diskant für obertonreiche Transparenz.
Sie wird gerne für Strumming und kräftige Songbegleitung verwendet – John Lennon und Johnny Cash sind zwei sehr bekannte und passionierte Dreadnought-Spieler.
Eine ausführliche Darstellung der Dreadnought-Historie kann man hier finden (englisch): martinguitar.com
b.2) Jumbo:
Anfang der 1930er Jahre waren die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise immer noch deutlich zu spüren. Auch die Firma Gibson hatte darunter zu leiden. Orville Gibson selbst starb übrigens 1918 – im Folgenden ist daher mit „Gibson“ stets die Firma Gibson Mandolin-Guitar Mfg. Co. Ltd gemeint.
Es ist die Ära der Jazz-Bands, die Musik wird immer lauter, die meisten Gitarren können dabei nicht mithalten. Gibsons Idee: größerer Korpus = mehr Lautstärke. Hier entstand als Nachfolger der L-5 (Archtops) die Advanced-L-5 oder Gibson-Super-400.
Aber auch die Countrymusik hält aus den Vereinigten Staaten Einzug in Europa. Der „singende Cowboy“ Ray Whitley wünschte sich ein besonders großes Instrument und Gibson entwirft daraufhin für ihn die Jumbo, Typenbezeichnung „J“. Diese geht ab 1938 in Serienproduktion. Die Jumbo ist traditionell recht rundlich gebaut, besitzt aber – im Vergleich zur Größe – eine recht schmale Taille. Die Schultern verlaufen relativ gerade. Natürlich zeichnet sie sich durch ein mächtiges Volumen aus, voller und mittenbetonter Klang, langes Sustain.
Durch den großen Korpus ist sie anfällig für Rückkopplungen, daher werden in hochwertigen Jumbo-Gitarren Sustainblöcke in den Korpus eingearbeitet. Sie ist aufgrund ihrer Durchsetzungskraft sehr für das Unplugged-Spiel geeignet. Aber auch das Spielen mit Plektrum, Strumming oder Slide-Spiel machen auf dieser Gitarre Freude.
Viele bekannte Singer-/Songwriter nutzten eine Jumbo als typisches Begleitinstrument, z. B. Bob Dylan, Ron Wood oder auch Elvis Presley.
Der Jumbo-Sound ist in den letzten Jahres stetig weiter verfeinert worden (insbesondere durch Lowden, Taylor, Lakewood), sodass viele Jumbos nun auch eine klare Eignung fürs Fingerpicking aufweisen.
b.3) Mini-Jumbo:
Jumbos sind ziemlich mächtige Gitarren und aufgrund ihrer Größe/Bespielbarkeit nicht jedermanns Sache. Trotzdem gab und gibt es viele Menschen, die auf einen druckvollen, durchsetzungsfähigen Gitarrenklang großen Wert legen. 1951 entwickelte Gibson die größenreduzierte J-185, um das Handling komfortabler zu machen und ein preiswerteres Jumbo-Modell anbieten zu können. Sie produzierte weniger Bässe, klang aber immer noch recht druckvoll. Die J-185 konnte sich jedoch auf dem Markt nicht durchsetzen und somit wurde die Produktion bereits 1959 wieder eingestellt.
In den 1970er Jahren schuf die Firma Santa Cruz Guitar in Anlehnung an die J-185 das sog. F-Modell und darauf aufbauend die FS-Modelle.
Seit den 80er Jahren bieten mehrere Firmen Mini-Jumbos an, z. B. Ferguson (Gibsons Gitarrenbaumeister), Yamaha oder Takamine. Es sind echte Allrounder und werden daher immer beliebter.
b. 4) Concert / O
Martin entwickelte Mitte des 19. Jahrhunderts eine Gitarre, die damals zu den größten erhältlichen zählte. 1850 wurde sie der Öffentlichkeit vorgestellt. Heute ist diese Bauform eher kleiner im Vergleich zu den anderen und wird seltener gewünscht, eher von Studiomusikern. Die Bezeichnungen „O“ und „Concert“ werden synonym verwendet.
b.5) Grand Concert / OO (Double O)
1873 vergrößerte Martin sein O-Modell und nannte es „OO“ (heute auch mit „Grand Concert“ bezeichnet). Wie so oft in der Gitarrenbauentwicklung war der breite Wunsch nach mehr Lautstärke die Triebfeder zu dieser Neuentwicklung. Die Grand Concert zählt auch heute noch mit zu den beliebtesten Bauarten und ist recht resistent gegen Feedbacks.
b.6) (Grand) Auditorium / OOO (Triple O)
1902 stellte Martin sein Triple-O-Modell vor. Die Form ähnelt der der Double-O, ist aber etwas breiter, tiefer und deutlich tailliert. Sie zeigt einen sehr ausgewogenen Klang, besonders beim Solospiel und Fingerpicking und wurde beispielsweise von Eric Clapton bevorzugt.
{Anmerkung o.T.: 1916 beginnt die Fa. Martin mit der Ukulelen-Produktion 🙂 und 1920 baute Martin 1361 Gitarren – jedoch doppelt so viele Ukulelen!}
b.7) Orchestra Model / OM
1929 stellt Martin die erste Gitarre mit 14-Bund-Hals. Daraus wird später die OM-28. Das OM-Konzept wurde 1934 nicht mehr weiter verfolgt und erst in den 1970er Jahren wieder aufgenommen.
Orchestra-Modelle entsprechen von den Korpus-Dimensionen her der Triple O. Der eigentliche Unterschied liegt in der Mensur: die OM hat i.d.R. eine etwas längere Mensur und einen etwas breiteren Hals. Dies wirkt sich positiv auf das Fingerpicking-Spiel aus. Der Klang ist im Verhältnis zur Triple O etwas lauter und höhenbetonter. Diese Bauart ist heutzutage sehr beliebt.
Die Triple O, Grand Concert, Mini-Jumbo und die OM zählen zu den mittelgroßen Bauweisen und damit zu den Allroundern.
b.8) Parlorgitarren
Wie der Name sagt, war der ursprüngliche Verwendungszweck dieser Gitarrenart, im späten 19. Jahrhundert die Gäste in den Salons der eleganten viktorianischen Häuser zu unterhalten. Diese Unterhaltung der Gäste war hauptsächlich den Frauen vorbehalten. Daher besitzen Parlorgitarren einen recht kleinen Korpus und eine kurze Mensur. Der Korpus setzt nicht am 14., sondern am 12. Bund an. Bedingt durch diese Bauform besitzen Parlorgitarren einen zarteren, oft auch etwas süßlichen Klang. Gespielt wurden darauf hauptsächlich Tänze, wie Walzer, Scottish, Polka und volkstümliche Musik.
Im 20. Jahrhundert wurden kaum noch Parlors produziert, da – wie bereits oben oft erwähnt – in dieser Zeit die Erhöhung der Lautstärke ein wesentliches Element der Musikentwicklung ausmachte. In letzter Zeit ist die Parlor aber durchaus wieder gefragt, da durch die moderne Aufnahmetechnik die Beschränkung der Lautstärke, bedingt durch die Bauart, kaum noch ein Problem darstellt. Gerade Folk-Musiker schätzen den Klang und die Möglichkeit der Mobilität dieser kleinen Gitarrenbauform.
Der Begriff „Parlorgitarre“ wird allerdings mittlerweile sehr uneinheitlich verwendet. Oft werden einfach kleinere Gitarren mit dieser Bezeichnung charakterisiert. Die Grenze zu O- und OO-Gitarren sind fließend. Ausgewiesene Parlorgitarren haben meist einen historischen Bezug.
Hier gibt es einen 11minütigen Überblick über 7 Korpusformen, mit Klangbeispielen (englisch):
4. Welche besondere Bauformen der Steelstrings gibt es?
Gitarrenbau ist immer auch in Entwicklung, gerade junge Gitarrenbauer kreieren innovative Modelle. Andere Formen der Deckenbebalkung, Versetzung des Schallochs, mehrere Hälse, Experimente mit heimischen Tonhölzer, Fächerbundierung etc. schaffen immer neue Gitarrentypen- und formen. Ich beschränke mich hier auf Entwicklungen, die in Serie produziert werden und sich einen festen Platz unter den Steelstrings erobert haben (abgesehen von den Harp Guitars, die einfach faszinierend sind).
a) Elektroakustische Gitarre
Damit bezeichnet man die elektrifizierte Form einer Stahlsaitengitarre. I. d. R. ist sie baugleich mit einer vollakustischen Gitarre. Im Gegensatz dazu gibt es Gitarren, die von Grund auf dafür konstruiert sind, fast ausschließlich mit Tonabnehmer (Pickup) gespielt zu werden. Diese werden oft ähnlich bezeichnet, auch als halb- oder semi-akustisch.
Die elektroakustische Gitarre besitzt im Pickup einen eingebauten Vorverstärker (Preamp), oft auch mit Lautstärkeregelung, EQ zur Klangregelung und andere Einstellmöglichkeiten. Notch-Filter sorgen für die Elimination störender Frequenzen. Diese Art Tonabnehmer werden als „aktiv“ bezeichnet. Passive Pickups sind normalerweise darauf ausgelegt, dass sie für eine gute Klangproduktion auf einen externen Preamp angewiesen sind.
Es gibt 4 verschiedene Variationen von Tonabnehmern für Akustikgitarren, auf die ich in diesem Zusammenhang jedoch nicht näher eingehen werde:
– magnetische Pickups (meistens am Schallloch montiert), seit den 1950er Jahren bekannt, funktionieren aufgrund der Technologie nicht mit Nylonsaiten, gibt es als Singlecoil- und Humbucker-Konfiguration
– am weitesten verbreitet: Pickups, die unter der Stegeinlage (Undersaddle-Pickups) montiert sind (beruhen meist auf der Piezo-Technologie), wurden in den letzten 20 Jahren zuverlässig weiterentwickelt, erste Modelle in den 1970er Jahren
– Kontaktpickups (auf oder unter der Decke montiert), auch Decken-Transducer genannt, viele technische Variationen möglich, permanent oder semi-permanent montiert
– Mini-Mikrofone (auf oder unter der Decke montiert), werden meist mit anderen Pickup-Typen kombiniert
b) 12-saitige Steelstring
Hier werden die 6 Saiten gedoppelt, üblicherweise E, A, D und G mit der zugehörigen Oktave, die H-(B-) und e-Saiten mit gleichen, die gerne geringfügig nach oben verstimmt werden. Die 6 Saitenpaare nennt man (Saiten-)“Chöre“. Als Bauform für eine 12-Saitige kann jede Grundbauform (Dreadnought, Jumbo etc.) dienen. Der Hals ist jedoch etwas breiter, um die zusätzlichen Saiten aufnehmen zu können.
Bereits um 1900 wurden in Mexico 12-saitige Gitarren gebaut („Guitars Mexican Style“). In den 1920er und 30er Jahren war diese Gitarrenform bei Bluessängern sehr beliebt. Aufgrund des Folk-Booms Ende der 50er Jahre begann Gibson 1961 mit der Produktion, parallel dazu auch Holzapfel und Beitel an der amerikanischen Ostküste. Martin und Guild zogen erst 1964 mit der Produktion von 12Saitern nach.
Ein bekannter Spieler ist Leo Kottke, der sogar Instrumental-Pickings darauf spielt. Sie findet ihre Anwendung auch oft bei Rockballaden, da sie einen silbrigen, aber auch vollen Klang (Chorus-Effekt) produziert.
c) 7-saitige Stahlsaitengitarre
7-saitige Gitarren gibt es ganz spezifisch für bestimmte Kulturen. Beispielsweise in Russland („Semistrunka“), wo sie traditionell ohne Plektrum und in Terzen, auf offenem G-Dur-Akkord gespielt wird.
In der brasilianischen Choro- oder Sambamusik wird die 7-Saitige gestimmt wie eine klassische Gitarre, nur zusätzlich mit einer tiefen C-Saite. Diese wiederum wird häufig auf H heruntergestimmt.
In den 1930er Jahren ließ sich der Jazzgitarrist George von Eps von Epiphone eine 7-saitige Gitarre bauen, die auf A gestimmt war. Diese Gitarrenform konnte sich jedoch damals nicht durchsetzen. Erst 1990 entwickelte Steve Vai in Zusammenarbeit mit Ibanez einen 7-Saiter, der in Serie ging.
Heutzutage wird eine 7-saitige Steelstring oft im Metal-Bereich verwendet, dann aber meist als E-Gitarre. Hier ein Beispiel einer modernen Spielweise auf einer 7-saitigen Stahlsaitengitarre:
d) Roundback-Gitarre
In den 1960er Jahren erarbeitete Charles Kaman, ein Luftfahrtingenieur, ein Akustikgitarrenkonzept, das die traditionelle Gitarrenbaukunst mit modernen Verbundwerkstoffen kombinierte. Aus dieser Idee heraus entstand 1966 die erste Roundback Ovation, die sog. „Ovation Standard Balladeer K-1111“, die in Serie produziert wurde.
Sie ähnelte in ihren Abmessungen einer übergroßen Konzertgitarre, von der Tiefe her allerdings eher einer Dreadnought. Die abgerundete Korpusrückseite gab dieser Gitarrenform ihren Namen: „Roundback“ oder „Deep Bowl“ oder „Lyrachord Korpus“.
Ende der 60er Jahre wurden – gerade auch von Ovation – innovative Pickups entwickelt, die den Roundback-Gitarren nochmals einen Boom verschafften. Bekannte Vertreter: Al Di Meola, Melissa Etheridge, Steve Lukather u.a.
e) Jazz-Gitarre
Der Begriff „Jazz-Gitarre“ ist ein wenig irreführend, denn „Jazz“ kann man selbstverständlich auch auf einer Dreadnought oder einer Nylonstring spielen.
Heute wird mit diesem Begriff eine Archtop-Gitarre bezeichnet, die i.d.R. folgende Merkmale aufweist: gewölbte Decke (Archtop halt), f-Klanglöcher, meist frei schwebend montiertes Schlagbrett, häufig Cutaway und fast ausschließlich mit Tonabnehmer.
Für das Solospiel sind einige besondere Techniken entwickelt worden – einer der bekanntesten Vertreter ist Django Reinhardt (1919 – 1953). Herausragende Jazzgitarristen sind auch Herb Ellis (1921 – 2010), Pat Metheny (*1954) oder auch John Scofield (*1951).
Gerade bei der Entwicklung von Jazzgitarren lohnt es sich, einen Blick auf den geschichtlichen Hintergrund zu werfen. Dies hier nur kurz angerissen, aber es lohnt sich, das Ganze lesend zu vertiefen. Die Suchmaschinen helfen „gerne“ weiter.
Nach dem ersten Weltkrieg kam es bekannterweise zur Weltwirtschaftskrise mit dem großen Börsencrash von Oktober 1929. Luxusgüter wie Gitarren waren kaum angesagt und dadurch gerieten Martin, Gibson und die anderen Hersteller in eine tiefe Rezession. Die Firma Martin rettete sich durch Ukulelenbau (kleiner, dadurch preiswerter als Gitarren), Gibson legte den Produktionsschwerpunkt auf die damals sehr populären Mandolinen und bei Epiphone versuchte man durch den Banjobau wirtschaftlich zu überleben. In dieser Zeit entwickelte sich ein neuer Jazzstil, bei dem mehr Lautstärke gefragt war, der sog. „Four-To-The-Floor“, bei dem sich das Metrum vom zweier Takt zum 4/4 Swing verschob.
Gibson experimentierte in dieser Zeit mit Archtops, ersetzte das runde Klangloch in der Mitte und ersetzte es durch die heute üblichen f-Schalllöcher. 1923 entwickelte die Firma das Modell L-5 (siehe oben) – dieser Typus wurde „Plektrum- und Schlaggitarre“ genannt. Aufgrund der Rezession gelangte sie jedoch nicht zur Serienreife.
f) Dobro-Gitarre (synonym verwendet: Resonatorgitarre, fälschlicherweise auch Slide-Gitarre)
Resonatorgitarren sind recht auffällige Instrumente, die oft für Blues, Bluegrass und Country-Musik verwendet werden. Auch sie entstanden, wie Gibsons Jazzgitarre durch den Jazzboom, der dann auch später nach Europa herüberschwappte.
Die Firma Dobro wurde 1926 von den slowakischen Brüdern John, Rudy und Emil Dopyera gegründet -> DO(pyer)BRO(thers), die sich ebenso wie viele andere Gitarrenbauer seinerzeit eine Gitarre mit größerer Lautstärke wünschten (Metallkorpus), die sich an die jazzigen Blechbläser anpassen konnte. Im Zuge der Entwicklung dieser Gitarre wurde eine Aktien-Gesellschaft namens „National“ gegründet. Dobro und National trennten sich jedoch nach einigen Jahren wieder und entwickelten getrennt voneinander weiter Resonatorgitarren. Seit 1994 liegen die Dobro-Rechte bei Gibson.
Das Bauvorbild der Resonatorgitarren waren übrigens die Hawaii-Gitarren, die man i.d.R. spielt, indem man sie waagerecht vor sich auf dem Schoß legt.
Auffällig ist der Korpus, der aus Metall, Stahlblech, Messing oder auch Holz besteht und an Stelle des Schalllochs befindet sich ein Resonator. Dieser ist ein (oder drei) Metallkegel, der von den Saiten zum Schwingen angeregt wird (Beispiel einer Resonatorgitarre sh. Video unten).
Zwei Gruppen sind hierbei zu unterscheiden: Singlecone und Tricone, je nach Anzahl der Kegel. Weiterhin differenziert man hinsichtlich der „Steg“-Form noch nach Biscuit-Cones und Spider-Cones. Diese unterschiedliche Technik hier zu erläutern, würde den Rahmen sprengen.
Slidegitarren können Resonator-, jedoch auch akustische Gitarren sein. Sie zeichnen sich durch eine höhere Saitenlage aus, da sie sehr oft mit einem massiven Metallbarren („bar“, sog. Lapsteel-Spielweise) oder mit einem Röhrchen („Bottleneck“, „Slide-Röhrchen“, „Steel“) gespielt werden, in der Regel im Open Tuning. Die wichtigsten Materialien für Slide-Röhrchen sind Glas, Stahl, Keramik oder Messing. Der Klang ist je nach Materialwahl recht unterschiedlich: Stahl klingt eher scharf, Messing etwas dunkler, Glas eher weicher und ein wenig süßlich. Keramik-Bottlenecks liegen klanglich ungefähr zwischen Messing und Glas.
Bei den akustischen Slidegitarren sind, wie bei den meisten Steelstrings, 14 Bünde üblich. Der Hals ist entweder halbrund („Roundneck“), wie bei fast allen Gitarren üblich, oder auch eckig („Squareneck“), nach dem Vorbild der Hawaii-Gitarren. Die Squarenecks werden in erster Linie wie die Hawaii-Gitarren gespielt – die sog. „Lapsteel“-Spielweise.
g) Harp Guitars
Recht ungewöhnliche Steelstring sind die Harfen-Gitarren, bei denen ein zweiter Hals mehrere, meist frei schwebende Basssaiten ergänzt. Diese Idee geht auf mehrere Entwürfe namhafter Gitarrenbauer aus dem 19. Jahrhundert zurück.
Harp Guitars gibt es in vielen verschiedenen Formen und sind i.d.R. etwas für Spezialisten. Hier zwei Beispiele:
h) Bariton-Steelstrings
Mit einer Baritongitarre nähert man sich der Bassgitarre an. Die gesamte Gitarrenkonstruktion wird vergrößert und verlängert. Sie wird normalerweise eine Quarte, manchmal auch eine Quinte tiefer gestimmt als die Standardstimmung. Dadurch erzeugt sie einen tieffrequenten und voluminösen Klang.
Auch hier sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt: es gibt sie als 12- oder sogar als 8-Strings, mit und ohne Fächerbundierung (fanned frets, Multiscale).
Ein bekannter Interpret von Bariton-Steelstrings ist Andy McKee, aber auch Don Ross ist dafür bekannt, dass er gerne seine Multiscale-Bariton verwendet.
5. Alles klar, oder?
Es wäre schön, wenn die oben beschriebene Struktur hinsichtlich der Korpusformen von Steelstrings so glasklar wären, wie dargestellt. Leider ist dem nicht so, daher habe ich auch auf Maßangaben bei den einzelnen Korpusformen verzichtet. Instrumentenbau „lebt“ und Innovationen liegen im Wesen des Menschen. Klassische Korpusformen in ihrer Reinform gibt es zwar noch, jedoch auch viele Mischformen. Als Beispiel soll eine Übersicht der verwendeten Korpusformen der Fa. Martin dienen:
Auf der einen Seite sehr verwirrend, auf der anderen Seite wird durch geduldiges Probespielen sicherlich fast jeder seine Lieblingsgitarre finden können. Falls nicht: Kontakt zum Gitarrenbauer des Vertrauens…
6. Was ist das Besondere an Stahlsaiten?
Saiten für Stahlsaitengitarren beeinflussen den Klang erheblich. In der Regel sind die Saiten E, A, D und G mit einem Metallfaden umwickelt („wound“), während die beiden höchsten Saiten H (B) und e aus nur einem Stück bestehen („plain“). Stahlsaiten werden am Steg nicht verknotet, sondern durch Pins („Ball-Ends“) gehalten.
Erhältlich sind Saiten aus unterschiedlichen Materialien:
– reine Bronze (d.h. 80 % Kupfer, 20 % Zinn); sie klingen sehr hell, brilliant bis zu metallisch und sind klanglich sehr durchsetzungskräftig
– reine Bronze (d.h. 85 % Kupfer, 15 % Zinn): in dieser Mischung klingen die Saiten etwas weicher und mit etwas mehr Sustain
– Phosphorbronze (90 – 92 % Kupfer, 9,5 – 7,5 % Zinn, Rest Phosphor): dieser Saiten erfreuen sich großer Beliebtheit, sie klingen weicher, seidiger, mit mehr Obertönen und differenzierter
– Elixier-Saiten: hier werden die Bronzesaiten mit einer hauchdünnen Kunststoffschicht überzogen, was sie deutlich widerstandsfähiger macht; allerdings klingen sie auch etwas metallisch-steifer und erzeugen ein sehr eigenen Spielgefühl
– Nickelstahl: die Saiten sind mit Nickel umwickelt und klingen dadurch weich und wenig brilliant; sie werden gerne bei Archtops mit magnetischen Pickups verwendet
– Silk & Steel: ein Mittelding aus Nylon- und Stahlsaiten; für den Spieler angenehm ist ein deutlich geringerer Saitenzug und viele mögen den hörbar weicheren Klang
Aber nicht nur die unterschiedlichen Materialien beeinflussen den Klang, sondern auch die jeweilige Dicke. Dünne Saiten produzieren klare Töne, sind daher oft die bevorzugte Wahl bei Melodie- und Solospiel. Nachteilig ist die geringere Dynamik und die Gefahr des „Schepperns“, da die dünnen Saiten tief im Sattel liegen und u. U. gegen die Bundstäbchen schwingen.
Dickere Saiten erzeugen einen volleren, lauteren Klang und schneiden in den Fingerkuppen nicht so stark ein. Dafür bergen sie die Gefahr, besonders im Bass, dumpf zu klingen.
Diese Saitenbezeichnungen sind üblich:
10er: Extra Light
11er: Custom Light oder Light
12er: Light oder Medium Light
13er: Medium
14er: Heavy (diese Saiten werden eher im Rahmen eines heruntergestimmten Open Tunings verwendet)
Es gibt noch viele, weitergehende Hintergrundinformationen zum Thema „Akustik-/Stahlsaitengitarren“. Das Stöbern lohnt sich meiner Meinung nach (abgesehen von Benutzung der Suchmaschinen) auch auf der Seite der Zeitschrift Gitarre & Bass
Was heißt das Ganze jetzt für mich, für meine Suche nach „meiner“ Steelstring?
Zum einen: Ich allein kann nie und nimmer „meine“ Steelstring finden, ich brauche Hilfe dabei.
Zum anderen: Optisch mag ich Innovationen, im Folgenden ein paar Stahlsaitengitarren, deren Design sehr modern ist. Klanglich kann ich es natürlich – mit Hilfe – nur beurteilen, wenn ich sie in den Händen halte.
Vielleicht können diese Fotos den ein oder anderen Leser auch inspirieren, es einmal zu wagen, neue, kreative, innovative Wege zu gehen? Würde mich freuen! „Panta rhei“ (altgriech: „alles fließt“) zu Zeiten von Heraklit und Platon ebenso aktuell wie heute…